Die Standsicherheit und Langlebigkeit von Stahlhallen basiert auf einer präzisen statischen Berechnung. Diese berücksichtigt grundlegende Einwirkungen wie die Eigenlasten der Konstruktion sowie Wind- und Schneelasten. Hinzu kommt die geplante Verkehrslast, also die Belastung durch die betriebliche Nutzung, beispielsweise durch Regalsysteme oder Fahrzeuge. Eine vorausschauende und wirtschaftliche Planung bezieht sogenannte Zusatzlasten mit ein – Kräfte, die heute vielleicht noch nicht wirken, aber für die zukünftige Nutzung und den Werterhalt einer Halle entscheidend sind.
Die frühzeitige Berücksichtigung ist ein Kernaspekt der nachhaltigen Bauplanung. Sie schafft Flexibilität für zukünftige Erweiterungen, verhindert teure und komplexe Nachrüstungen und sichert die Investition langfristig ab.
Eine Definition
In der Tragwerksplanung bezeichnen Zusatzlasten alle Kräfte, die über die ständigen Eigenlasten (Gewicht der Konstruktion), die standortabhängigen Umweltlasten (Schnee, Wind) und die allgemeine Verkehrslast hinaus auf eine Hallenkonstruktion einwirken. Es handelt sich um geplante, aber nicht zur Grundausstattung gehörende Lasten, die aus spezifischen betrieblichen Anforderungen oder zukünftigen Ausbauten resultieren.
Diese Lasten müssen von Beginn an in den Lastannahmen für jeden relevanten Lastfall berücksichtigt werden, da sie die Dimensionierung des gesamten Tragwerks beeinflussen – von den Dachträgern über die Stützen bis hin zu den Fundamenten.
Typische Zusatzlasten im Hallenbau
Die Bandbreite möglicher Zusatzlasten ist groß und hängt stark von der geplanten Nutzung der Halle ab. Eine sorgfältige Analyse im Vorfeld ist daher unerlässlich.
Haustechnik und Installationen
Moderne Flachdachhallen und Produktionsstätten erfordern eine komplexe technische Gebäudeausrüstung.
Die Lasten für folgende Systeme werden häufig am Dachtragwerk abgehängt und müssen eingeplant werden:
- Sprinkleranlagen: Für den Brandschutz unerlässlich, bringen diese wassergefüllten Rohrleitungssysteme ein erhebliches Gewicht mit sich, das flächig auf die Dachkonstruktion wirkt. Die Anforderungen an die Baustoffklasse und das Brandschutzkonzept definieren hier die Notwendigkeit.
- Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK): Große Aggregate und weitverzweigte Kanalsysteme stellen eine Zusatzlast dar.
- Kabeltrassen und Rohrleitungen: Auch die Lasten aus Elektroinstallationen und anderen Medienleitungen müssen berücksichtigt werden.
- Photovoltaikanlagen: Die Nutzung von Dachflächen zur Energiegewinnung ist heute Standard. Eine Photovoltaikanlage stellt eine dauerhafte Zusatzlast von ca. 15 – 25 kg/m² dar. Diese muss das Dachtragwerk über seine gesamte Lebensdauer sicher aufnehmen können. Eine Lagerhalle oder Produktionshalle, deren Dach von vornherein für diese Zusatzlast ausgelegt ist, kann jederzeit ohne statische Bedenken oder teure Verstärkungen nachgerüstet werden.
- Kranbahnen: Für viele Produktions- und Logistikprozesse sind Brückenkrane unverzichtbar. Eine Kranbahn leitet hohe, konzentrierte und dynamische Lasten über Konsolen in die Hallenstützen ein.
Diese Zusatzlasten sind für die Bemessung der Stützen und insbesondere der Fundamente von entscheidender Bedeutung und müssen von Beginn an Teil der statischen Lastannahmen sein. Eine nachträgliche Integration ist aufwendig und oft unwirtschaftlich.
Innenausbauten und Raumgewinn
Um teure Grundstücke optimal zu nutzen, werden oft Zwischendecken oder mehrgeschossige Büro- und Sozialräume in Systemhallen integriert. Dieser Raumgewinn führt zu erheblichen Lasten, die über eigene Stützen oder das Haupttragwerk in die Fundamente abgeleitet werden müssen.
Rolle der Statik
Die Berücksichtigung von Zusatzlasten ist ein zentraler Abschnitt der Tragwerksplanung. Der Prozess folgt klaren Schritten:
- Definition der Lastannahmen: Gemeinsam mit dem Bauherrn werden alle denkbaren zukünftigen Nutzungen und die daraus resultierenden Lasten definiert und quantifiziert.
- Bildung der Lastfälle: Die Statiker kombinieren die Zusatzlasten mit den Grundlasten (Eigenlast, Schnee, Wind) zu verschiedenen maßgeblichen Lastfällen (Lastfall). So wird sichergestellt, dass die Halle auch bei einer Kombination ungünstiger Einwirkungen standsicher bleibt.
- Dimensionierung des Tragwerks: Auf Basis dieser Lastfälle werden alle Bauteile bemessen. Eine Zusatzlast auf dem Dach beeinflusst die Dachträger, die Stützen und die Fundamente.
- Gründungsplanung: Erhöhte Lasten können eine Anpassung der Fundamente oder sogar Maßnahmen zur Bodenveränderungen (Bodenverbesserung) erfordern, falls die Tragfähigkeit des Baugrunds nicht ausreicht.