Die Dachneigung beeinflusst Entwässerung, Materialwahl, Schneelast und die Einhaltung baurechtlicher Normen. Sie beschreibt den Winkel einer Dachfläche zur Horizontalen, angegeben in Grad (°) oder Prozent (%). 45° entsprechen 100 % Steigung. Während Zeichnungen meist Grad verwenden, geben Entwässerungsnormen oft Prozent an.
Dacharten nach Neigung
- Flachdach: Entgegen der wörtlichen Bedeutung ist ein Flachdach nie vollkommen eben. Die deutsche Flachdachrichtlinie und die DIN 18531 fordern für ein Flachdach ein geplantes Mindestgefälle von 2 %. Dieses Gefälle ist zwingend erforderlich, um Niederschlagswasser sicher und kontrolliert zu den Abläufen zu leiten und die Bildung von stehendem Wasser zu vermeiden. In der Regel spricht man bei einer Dachneigung von unter 10° von einem Flachdach, wobei die europäische Norm EN 1991-1-4 eine Obergrenze von 5° (ca. 8,8 %) ansetzt.
- Flachgeneigtes Dach: Dieser Begriff beschreibt den Übergangsbereich zwischen Flach- und Steildächern, typischerweise mit einer Neigung von 5° bis 30°.
- Steildach: Dächer mit einer Neigung von über 30° gelten als Steildächer. Das klassische Satteldach ist hierfür ein typisches Beispiel im Hallenbau.
Dachneigung und Dachmaterial
Die Wahl des Dachmaterials und die Festlegung der Dachneigung sind zwei Seiten derselben Medaille. Jedes Dachmaterial besitzt spezifische, vom Hersteller und von Normen vorgegebene Anforderungen an die Neigung, um seine Funktion – insbesondere die Regensicherheit – dauerhaft zu gewährleisten. Zwei Begriffe sind hierbei von zentraler Bedeutung: die Regeldachneigung und die Mindestdachneigung.
Die Regeldachneigung ist die untere Dachneigungsgrenze, bei der sich eine Dacheindeckung als ausreichend regensicher erwiesen hat, ohne dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Wird diese Neigung eingehalten, kann man davon ausgehen, dass Niederschlagswasser sicher abfließt und nicht unter die Eindeckung dringt.
Die Mindestdachneigung hingegen ist die technisch unterste Grenze, bei der ein Dachmaterial überhaupt verbaut werden darf. Eine Unterschreitung der Regeldachneigung ist zwar möglich, solange die Mindestdachneigung nicht unterschritten wird, erfordert aber zwingend zusätzliche Maßnahmen, um die Dichtheit der Dachoberfläche zu sichern. Solche Maßnahmen können ein wasserdichtes Unterdach, spezielle Dichtbänder in den Überlappungen oder eine höherwertige Abdichtung sein.
Statik, Sicherheit und Normen
Die optimale Dachneigung wird durch das Dachmaterial, externe Kräfte und ein dichtes Netz an Vorschriften bestimmt. Die Sicherheit und Stabilität einer Halle hängen maßgeblich davon ab, wie diese Faktoren in der Planung berücksichtigt werden.
Lasten aus der Natur
Die geografische Lage einer Halle ist entscheidend für die statische Auslegung des Daches. Deutschland ist in verschiedene Schneelastzonen eingeteilt, die festlegen, welche Schneemengen ein Dach im Extremfall tragen können muss. Die Dachneigung spielt hierbei eine entscheidende Rolle: Auf einem Flachdach oder flachgeneigten Dächern sammelt sich Schnee an und kann enorme Lasten erzeugen. Die gesamte Schneemenge muss von der Tragkonstruktion aufgenommen werden. Bei steileren Dächern rutscht der Schnee ab einer gewissen Neigung von selbst ab, was die Belastung auf die Struktur reduziert.
Zusätzlich zur Schneelast wirken Windkräfte auf die Dachoberfläche. Besonders bei flachen Dächern entstehen starke Windsogkräfte, die versuchen, die Dacheindeckung anzuheben. Die Befestigung des Dachmaterials muss diesen Kräften standhalten, was in den Normen zur Windsogsicherung (z. B. DIN EN 1991-1-4) geregelt ist.
Das Regelwerk
Die Einhaltung von Bauvorschriften ist eine rechtliche und sicherheitstechnische Notwendigkeit. Folgende Normen sind von Bedeutung:
- DIN 18531 & Flachdachrichtlinie: Sie legen das Mindestgefälle von 2 % fest und klassifizieren Abdichtungen nach ihrer Beanspruchung und Ausführungsqualität.
- DIN 18807: Sie regelt Materialeigenschaften, Tragfähigkeitsnachweise und konstruktive Details wie die Mindestdachneigung.
- DIN 18234: Sie stellt spezifische Anforderungen an den Dachaufbau, um die Brandausbreitung zu verhindern. Dies kann beispielsweise den Einsatz nichtbrennbarer Dämmstoffe im Bereich von Durchdringungen (z. B. Lichtbänder) oder die Begrenzung des Heizwertes von Dampfsperren vorschreiben.
Diese Normen existieren nicht isoliert voneinander. Ein Planer könnte beispielsweise ein Flachdach perfekt nach DIN 18531 (Abdichtung) und DIN 18807 (Trapezprofile) entwerfen. Wenn er jedoch die Brandschutzanforderungen der DIN 18234 übersieht und einen brennbaren Dämmstoff ohne die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Bereich einer Lichtkuppel einsetzt, ist das gesamte Dach nicht konform.
