Ein professionelles Arbeitsschutzkonzept schützt die Gesundheit aller Beteiligten, minimiert Risiken und sichert die Investition des Bauherrn durch weniger Ausfallzeiten und rechtliche Konformität. In der Praxis werden Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit oft synonym verwendet, rechtlich und konzeptionell besteht jedoch eine klare Hierarchie, die für Bauherren und Betreiber von Hallen entscheidend ist.
Abgrenzung
Der Arbeitsschutz ist der übergeordnete Begriff. Er umfasst sämtliche Maßnahmen, Vorschriften und Bestrebungen, die dem Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit dienen. Das primäre Ziel ist die Verhütung von Arbeitsunfällen und die Abwehr von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Die Struktur des Arbeitsschutzes lässt sich durch eine einfache Formel verdeutlichen, die seine beiden Kernkomponenten zusammenfasst: Arbeitsschutz = Arbeitssicherheit + Gesundheitsschutz
- Arbeitssicherheit: Verhütung von Unfällen, also plötzlich eintretenden, unerwünschten Ereignissen, die zu Personenschäden führen. Im Hallenbau betrifft dies u. a. Absturzsicherheit, Schutz vor herabfallenden Bauteilen sowie den sicheren Umgang mit Maschinen und Stahlkonstruktionen.
- Gesundheitsschutz: Vorbeugung gegen längerfristige Belastungen wie Lärm, Gefahrenstoffe, Vibrationen oder psychische Beanspruchung. Dazu gehören auch ergonomische Arbeitsplätze, gute Beleuchtung und Sichtverbindungen nach außen.
Rechtliches Fundament
Maßnahmen zum Arbeitsschutz sind eine klar definierte gesetzliche Verpflichtung. Für Bauherren und künftige Hallenbetreiber ist das Verständnis des Rechtsrahmens entscheidend, um Haftungsrisiken zu vermeiden und einen reibungslosen Betrieb sicherzustellen.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist die zentrale rechtliche Grundlage für den Arbeitsschutz in Deutschland. Es verpflichtet Arbeitgeber, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu gewährleisten und kontinuierlich zu verbessern. Die wesentlichen Pflichten für Arbeitsschutz umfassen:
- Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG): Dies ist das zentrale Instrument des Arbeitsschutzes. Der Arbeitgeber muss für jeden Arbeitsplatz die potenziellen Gefährdungen für die physische und psychische Gesundheit ermitteln und beurteilen. Auf Basis dieser Analyse werden die notwendigen Schutzmaßnahmen festgelegt.
- Umsetzung von Schutzmaßnahmen (§ 3 ArbSchG): Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleiteten Maßnahmen umzusetzen und deren Wirksamkeit regelmäßig zu überprüfen. Dabei gilt das STOP-Prinzip (Substitution, Technische, Organisatorische, Persönliche Schutzmaßnahmen), dass eine klare Rangfolge vorschreibt.
- Unterweisung der Beschäftigten (§ 12 ArbSchG): Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen regelmäßig und verständlich über die an ihrem Arbeitsplatz bestehenden Gefahren und die entsprechenden Schutzmaßnahmen unterwiesen werden.
- Dokumentation (§ 6 ArbSchG): Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung, die festgelegten Maßnahmen und deren Überprüfung müssen dokumentiert werden. Ebenso müssen Arbeitsunfälle, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führen, erfasst werden.
Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Während das ArbSchG die allgemeinen Pflichten des Arbeitgebers definiert, konkretisiert die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) die Anforderungen an das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Wichtige Regelungen der ArbStättV für den Hallenbau sind:
- Verkehrs- und Fluchtwege (Anhang Nr. 1.8 & 2.3): Die Verordnung fordert, dass Verkehrswege sicher begehbar und befahrbar sein müssen. Fluchtwege und Notausgänge müssen in ausreichender Zahl vorhanden, ständig freigehalten und deutlich gekennzeichnet sein müssen.
- Beleuchtung und Sichtverbindung (Anhang Nr. 3.4): Arbeitsräume müssen möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und eine Sichtverbindung nach außen haben.
- Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen (Anhang Nr. 2.1): Die ArbStättV fordert explizit Maßnahmen zur Absturzsicherheit. Dies betrifft nicht nur offene Kanten während der Bauphase, sondern auch dauerhafte Einrichtungen. Dächer, die für Wartungs- oder Reparaturarbeiten betreten werden müssen, gelten ebenfalls als Arbeitsstätten und müssen entsprechend gesichert sein.
- Brandschutz (Anhang Nr. 2.2): Die Halle muss mit einer ausreichenden Anzahl geeigneter Feuerlöscheinrichtungen und, falls erforderlich, Brandmeldern und Alarmanlagen ausgestattet sein.
Phase 1: Die sichere Planung
Die Grundlagen für einen sicheren Hallenbau und einen sicheren späteren Betrieb werden bereits in der Planungsphase gelegt. Der Bauplaner trägt hier eine entscheidende Verantwortung, da er die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung in den Entwurf integrieren muss. Ein zentrales Instrument für den Arbeitsschutz ist der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan). Dieser ist gesetzlich vorgeschrieben, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig sind.
Phase 2: Sicherheit in der Bauphase
Die Bauphase – insbesondere Stahlbau und Dachmontage – birgt die größten Risiken. Entscheidend ist die konsequente Umsetzung aller Schutzmaßnahmen, wobei Absturzsicherheit oberste Priorität hat. Nach ASR A2.1 und den DGUV-Vorschriften sind ab einer Absturzhöhe von 2,0 m Schutzmaßnahmen zwingend erforderlich. Im Hallenbau betrifft dies vor allem:
- Dachränder: Absicherung während Montage und Wartung.
- Boden- und Wandöffnungen: Sofortige Sicherung von Öffnungen für Lichtkuppeln, Treppen oder Tore.
- Gerüste und Arbeitsplattformen: Müssen den technischen Regeln entsprechen und einen dreiteiligen Seitenschutz aufweisen.
Der Abstand zwischen Fangnetz und Absturzkante darf maximal 30 cm betragen. Erst wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichen, kommt die Persönliche Schutzausrüstung (PSA) als Individualschutz zum Einsatz. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese bereitzustellen und deren Anwendung sicherzustellen. Grundlegende PSA im Stahlbau umfasst:
- Kopfschutz: Industrieschutzhelme (DIN EN 397) gegen herabfallende Gegenstände.
- Fußschutz: Sicherheitsschuhe (z. B. Klasse S3) mit Zehenschutzkappe und durchtrittsicherer Sohle.
- Augen- und Gesichtsschutz: Schutzbrillen bei Schleif- oder Bohrarbeiten.
- Schutzhandschuhe: Angepasst an Tätigkeit und Material.
- Spezielle Schutzkleidung: Flammhemmende Kleidung bei Schweißarbeiten; bei Arbeiten in der Höhe PSA gegen Absturz (PSAgA) mit Auffanggurt und Verbindungsmittel.
Phase 3: Die Halle im Betrieb
Der Arbeitsschutz endet nicht mit der Übergabe der Halle. Die in der Planungsphase getroffenen Entscheidungen für Arbeitsschutz wirken sich direkt auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz im laufenden Betrieb aus.