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Windlastzonen

Der Bau einer neuen Gewerbe- oder Industriehalle ist eine Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens. Damit sie langfristig Bestand hat und wirtschaftlich bleibt, müssen zahlreiche Faktoren beachtet werden. Neben Größe, Layout und Ausstattung gibt es jedoch eine oft übersehene Kraft, die das gesamte Bauwerk von Grund auf prägt: den Wind. Die primäre Funktion eines jeden Tragwerks ist es, alle anfallenden Lasten – vom Eigengewicht über Schneelasten bis hin zu den Kräften aus dem laufenden Betrieb – sicher in den Baugrund abzuleiten.

Windlastzonen zählen dabei zu den größten variablen Belastungen. Die Windlastzonen beeinflussen die Dimensionierung der Stahlkonstruktion, die Beschaffenheit der Fundamente sowie die Befestigung jedes einzelnen Fassadenelements. Ein oft unterschätzter Aspekt ist dabei die Standortwahl. Sie ist eine wesentliche statische Vorentscheidung. So stellt ein Grundstück in einer Küstenregion fundamental andere Anforderungen an die Statik als ein windgeschützter Standort im Binnenland. Diese geografischen Gegebenheiten haben direkte und signifikante Auswirkungen auf die Konstruktion und somit auch auf die Kosten des Projekts.

Was sind Windlastzonen?

Um die auf ein Gebäude einwirkenden Windkräfte systematisch zu erfassen und vergleichbar zu machen, ist Deutschland in sogenannte Windlastzonen eingeteilt. Die Einteilung in Windlastzonen ist in der Norm DIN EN 1991-1-4 „Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen – Windlasten“ und dem zugehörigen Nationalen Anhang geregelt. Die Windlastzonen spiegeln das unterschiedliche Sturmklima in den verschiedenen geografischen Regionen wider und basieren auf jahrzehntelangen meteorologischen Aufzeichnungen.

Jeder Windlastzone ist ein spezifischer Grundwert der Böengeschwindigkeit (vb,0​) zugeordnet. Dieser Wert beschreibt die 10-Minuten-Mittelwindgeschwindigkeit in 10 m Höhe über ebenem, offenem Gelände, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (in der Regel einmal in 50 Jahren) nicht überschritten wird. Aus dieser Basis-Windgeschwindigkeit wird der Basis-Geschwindigkeitsdruck (qb,0​) errechnet, der als Ausgangswert für die detaillierte statische Berechnung dient. Insgesamt gibt es in Deutschland vier Windlastzonen (auch als Windklasse bezeichnet), deren Anforderungen von Süden nach Norden bzw. in Richtung der Küsten ansteigen. Die Grenzen dieser Windlastzonen orientieren sich zur Vereinfachung in der Praxis häufig an bestehenden Verwaltungsgrenzen von Landkreisen oder Gemeinden.

Windlastzone Basis-Windgeschwindigkeit (vb,0​) Basis-Geschwindigkeitsdruck (qb,0​) Beispielhafte Regionen
1 22,5 m/s 0,32 kN/m² Wenig windbelastete Gebiete im Binnenland, z.B. große Teile von Bayern und Baden-Württemberg
2 25,0 m/s 0,39 kN/m² Großteil des Binnenlandes, z.B. Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen
3 27,5 m/s 0,47 kN/m² Küstennahes Binnenland und Voralpenland
4 30,0 m/s 0,56 kN/m² Unmittelbare Nord- und Ostseeküste sowie vorgelagerte Inseln

Die Tabelle macht deutlich, warum eine Halle an der Küste von vornherein eine robustere und damit potenziell materialintensivere Konstruktion erfordert als ein identisches Bauwerk in Süddeutschland.

Ermittlung der tatsächlichen Windlast

Die Einteilung in Windlastzonen liefert lediglich den Ausgangswert. Die tatsächlich auf die Halle einwirkende Windlast ist das Ergebnis einer differenzierten Berechnung, die mehrere standort- und gebäudespezifische Faktoren berücksichtigt. Sie ist daher das präzise Ergebnis komplexer, aufeinander wirkender Parameter.

Die Geländekategorie

Die Beschaffenheit des umliegenden Geländes hat einen erheblichen Einfluss auf die Windgeschwindigkeit. Die Norm unterscheidet hierfür verschiedene Geländekategorien, die von sehr offenem Gelände bis hin zu dicht bebauten Stadtgebieten reichen:

  • Geländekategorie I: Offene See oder Seenflächen mit mindestens 5 km freier Fläche in Windrichtung.
  • Geländekategorie II: Gelände mit niedriger Vegetation wie Gras und vereinzelten Hindernissen (Bäume, Gebäude) in Abständen von mindestens dem 20-fachen ihrer Höhe.
  • Geländekategorie III: Vorstädte, Industrie- oder Gewerbegebiete und Wälder.
  • Geländekategorie IV: Stadtgebiete, bei denen mindestens 15 % der Fläche mit Gebäuden bebaut sind, deren mittlere Höhe 15 m übersteigt.


Ein Bauwerk auf einem freien Feld (Kategorie II) ist dem Wind weitaus stärker ausgesetzt als eine Halle in einem bebauten Gewerbegebiet (Kategorie III). Die hohe Rauigkeit des Geländes bremst den Wind in Bodennähe ab. Dies kann zu dem auf den ersten Blick paradoxen Ergebnis führen, dass eine Halle in einer nominell windschwächeren Windlastzone (z.B. Zone 2), aber in sehr offenem Gelände, für höhere Windlasten bemessen werden muss als eine Halle in einer windstärkeren Windlastzone (z.B. Zone 3), die jedoch windgeschützt in einem Industriegebiet liegt.

Ganzheitliche Lastannahmen

Für eine sichere und vorschriftskonforme Planung wird die ermittelte Windlast nicht isoliert betrachtet. Gemäß den Eurocodes (insbesondere DIN EN 1990) wird sie mit anderen potenziellen Einwirkungen, wie den Lasten aus den regionalen Schneelastzonen, kombiniert, um die maßgebende Bemessungssituation für jeden einzelnen Bauteil zu ermitteln.

Auslegung des Tragwerks

Die Hauptlasten aus Wind werden vom primären Tragwerk – in der Regel eine Rahmenkonstruktion (Rahmentragwerk) – aufgenommen. Höhere Windlasten führen zu größeren Biegemomenten und Querkräften in den Stützen und Riegeln. Dies erfordert stärkere und schwerere Stahlprofile (z.B. HEB- statt IPE-Profile) oder die gezielte Verstärkung von kritischen Knotenpunkten, wie den Rahmenecken, durch Vouten. Die horizontalen Kräfte werden über den Windverband – diagonale Stahlstreben in den Dach- und Wandebenen – gesammelt und gezielt zu den Fundamenten geleitet. Die Dimensionierung dieser Verbände ist direkt von der Höhe der Windlast abhängig.

Planung der Fundamente

Die Fundamente verankern das Bauwerk sicher im Baugrund. Sie müssen die vertikalen Lasten aus Eigengewicht und Schnee aufnehmen und den Horizontalkräften und Kippmomenten aus der Windlast widerstehen. Höhere Windkräfte erfordern daher voluminösere und stärker bewehrte Fundamente, sei es als durchgehendes Streifenfundament oder als einzelne Köcherfundamente unter den Stützen.

Holger Schmidt INT-BAU

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